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Ernährung bei Endometriose

Gastbeitrag von Diätologin Leonie Meil

Zwei Drittel der Endometriose-Betroffenen stellen ihre Ernährung um. Allerdings besteht ohne professionelle Betreuung ein Risiko für eine Nährstoffunterversorgung und eine Verschlechterung der Lebensqualität.

Aber warum spielt die Ernährung bei Endometriose überhaupt eine Rolle? Wie wir wissen, ist die Endometriose nicht nur eine gynäkologische, sondern eine systemische Erkrankung. Durch eine angepasste Ernährung kann sowohl die Lebensqualität verbessert als auch Schmerzen reduziert werden. Frauen, die von Endometriose betroffen sind, leiden auch häufiger an einem Reizdarmsyndrom.

Der Darm liegt anatomisch gesehen sehr nah an der Gebärmutter. Es kann also sein, dass Endometriose-Betroffene auf Reize an dieser Körperregion sensibler reagieren.

Und weil die Darmgesundheit eine wichtige Rolle in der Endometriose-Therapie spielt, möchte ich in diesem Beitrag besonders darauf eingehen.

 

Fakten zur Darmgesundheit

Wie oft man pro Tag oder pro Woche Stuhlgang hat, ist sehr individuell. Eine Häufigkeit von 3 Mal pro Tag bis hin zu 3 Mal pro Woche ist völlig normal. Allerdings sollten Sie für sich selbst eine regelmäßige Stuhlroutine finden und keine Schmerzen beim Stuhlabsetzen haben. Auch Winde sind etwas ganz Natürliches. 14-21 Mal pro Tag können Winde abgehen, ohne dass es bedenklich ist. Eine gewisse Gasbildung im Darm entsteht im Rahmen der Verdauung auf ganz natürliche Weise. Auch bei einem aufgeblähten Bauch am Abend müssen Sie sich keine Sorgen machen. Falls Sie allerdings dabei auch Bauchkrämpfe haben oder der Blähbauch mit Verstopfung oder Durchfall einhergeht, ist es wichtig, dies auch ärztlich abklären zu lassen und die Ursache dafür zu finden.

Der Darm ist nicht nur dafür da, Nährstoffe ins Blut abzugeben, sondern er nimmt auch einen Einfluss auf das Immunsystem. Er wird von Kleinstlebewesen, dem sogenannten Darmmikrobiom, besiedelt, welches in Summe in etwa 2 Kilogramm ausmacht.

Das Darmmikrobiom jeder/jedes einzelnen ist genauso individuell wie der Fingerabdruck. Obwohl die Darmgesundheit und das Mikrobiom in den letzten Jahrzehnten im Fokus der Wissenschaft standen, steckt die Forschung immer noch in den Kinderschuhen (5). Somit gibt es auch noch keine evidenzbasierten Daten, wie Stuhlanalysen richtig interpretiert werden können beziehungsweise welche Therapien man davon ableiten kann.

Rollt man den Darm aus, so ist er in etwa 7 Meter lang. Die Darmoberfläche ist nicht glatt, sondern besteht aus ganz vielen Ausstülpungen (= Darmzotten). Würde man die Fläche komplett auffalten, wäre man bei einer Oberfläche von 200 qm. Somit ist unser Verdauungstrakt die größte Oberfläche im Körper, welche mit der Umwelt in Kontakt tritt. Demzufolge ist die Darmgesundheit besonders von äußeren Faktoren beeinflussbar. Einige dieser Faktoren können wir zum Glück selbst bewusst in die Hand nehmen.


Wie können Sie nun selbst Ihre Darmgesundheit beeinflussen?

Drei wichtige Aspekte in Ihrem Alltag kann ihren Darm massiv beeinflussen – sowohl positiv als auch negativ:

1.     Was Sie essen

2.     Wie Sie essen

3.     Stressmanagement

Was Sie essen:

Unser Darm liebt es bunt und vielfältig. Besonders zwei Lebensmittelgruppen spielen in dem Zusammenhang eine wichtige Rolle: Pro- und Präbiotika. Zu den Probiotika zählen die fermentierten Lebensmittel. Allen voran sind die fermentierten Milchprodukte (Joghurt, Buttermilch, Kefir) förderlich für die Verdauung. Sie enthalten Milchsäurebakterien, welche sich im Dickdarm ansiedeln können. Andere fermentierte Lebensmittel sind zum Beispiel Sauerkraut, Kimchi oder Tempeh. Es gibt daneben noch die Möglichkeit, Probiotika in Form von Nahrungsergänzungsmitteln einzunehmen, dies sollte allerdings am besten unter ärztlicher Absprache erfolgen.

Die Präbiotika hingegen fungieren als Futter für die Darmbakterien. Das sind nämlich unverdauliche Pflanzenbestandteile - auch bekannt als Ballaststoffe. Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen sowie Gemüse und Obst werden also nicht zur Gänze aufgespalten und deren Nährstoffe vom Darm ins Blut abgegeben, sondern die enthaltenen Ballaststoffe wandern weiter in den Dickdarm und werden dort von den Bakterien zersetzt. Dabei entstehen kurzkettige Fettsäuren, welche eine besonders gesundheitsförderliche Wirkung haben. Außerdem wird mit einer ballaststoffreichen Ernährung auch das Stuhlgewicht erhöht und die Stuhlkonsistenz verbessert, wodurch auch die Stuhlhäufigkeit gesteigert werden kann (7).

Fokussieren Sie sich bitte nicht ständig auf jene Lebensmittel, auf die Sie verzichten sollten (so wie es häufig im Internet dargestellt wird), sondern erweitern Sie Ihre Lebensmittelauswahl. Somit nehmen Sie genügend Nährstoffe auf, tun ihrem Darm etwas Gutes und es ist auch für die mentale Gesundheit von Vorteil, da Sie nicht ständig mit Verboten konfrontiert sind.

Wie Sie essen:

Nehmen Sie sich genug Zeit für jede Mahlzeit oder passiert das Essen im stressigen Berufsalltag eher nebenbei? Wie wir essen, hat einen erheblichen Einfluss auf die Darmgesundheit, denn der Spruch „gut gekaut ist halb verdaut“ stimmt tatsächlich. Je schneller wir essen und je weniger wir kauen, desto mehr Aufwand muss auch unser Darm betreiben. Durch das hastige Essen kann mehr Luft geschluckt werden, was wiederum häufiges Aufstoßen und Blähungen begünstigen kann. Außerdem tritt auch die Sättigung erst nach etwa 20 Minuten ein. Wenn Sie sehr schnell essen oder abgelenkt sind, nehmen Sie Sättigungssignale nicht so gut wahr und es könnte sein, dass Sie zu viel auf einmal essen. Beobachten Sie sich einmal selbst im Alltag und versuchen Sie so gut wie möglich, achtsamer zu essen und sich ausreichend Zeit für Ihre Mahlzeiten zu nehmen.

Stressmanagement:

Unser Darm wird nur dann gut mit Sauerstoff versorgt, wenn wir entspannt sind. Viele Menschen leben heutzutage im Dauerstress und können kaum abschalten. Auch chronischer Stress ist mit dem Kampf- oder Fluchtmodus gleichzusetzen, den der Körper bereits seit der Steinzeit auf dieselbe Art und Weise ausführt. Unser Körper weiß nicht, dass wir „nur“ vor dem PC sitzen und einem mentalen Stress ausgesetzt sind. Er macht sich viel eher für ein Angriffs- oder Fluchtszenario bereit. Deshalb wird der Sauerstoff in die Muskulatur geschickt und steht dem Darm nicht mehr zur Verfügung. Unter diesen Bedingungen funktioniert die Aufspaltung der verschiedenen Nahrungsbestandteile nicht mehr so gut. Dies kann wiederum zu Bauchschmerzen, Durchfall oder Verstopfung führen. Je mehr „Entspannungsinseln“ wir uns also im Alltag bauen (und das fängt bereits mit einer entspannten Ess-Atmosphäre an), desto besser funktioniert auch die Verdauung. In dem Zusammenhang sollte auch die Bewegung im Alltag nicht kurz kommen. Einerseits kann durch moderate Bewegung Stress abgebaut und andererseits die Verdauung in Schwung gebracht werden.


Take away Message

Jede Frau is(st) anders! Nur weil es einer Endometriose-Betroffenen geholfen hat, auf ein bestimmtes Lebensmittel zu verzichten, heißt das nicht, dass das auf jede Frau zutrifft. Die Symptome und die Ausprägung der Erkrankung sind höchst individuell, deshalb muss auch die Ernährungstherapie auf jede Einzelne abgestimmt werden.

Bitte seien Sie besonders vorsichtig bei diversen Ernährungstipps von Personen, die Ihre Ernährungssituation nicht kennen (bzw. Infos aus dem Internet). Häufig steht das Weglassen von Lebensmitteln im Vordergrund oder es werden nicht evidenzbasierte Empfehlungen getätigt, welche Ihren Gesundheitszustand wiederum negativ beeinflussen können. Wir Diaetologinnen nehmen uns viel Zeit, um uns eine Übersicht über Ihre Essgewohnheiten und Symptome zu machen. Dies macht es möglich, die Therapie genau darauf abzustimmen und zu gewährleisten, dass Sie mit allen Nährstoffen im ausreichenden Maß versorgt sind und die Lebensqualität nicht unter der Ernährungsumstellung leidet.

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Leoniemeil Myart
Leonie Meil

ist freiberufliche Diaetologin im Bezirk Melk und unterstützt Frauen dabei, ohne Diäten und Verzicht, wieder ein gesünderes Essverhalten zu erlangen und die Lebensqualität zu verbessern. Außerdem bietet sie auch Kinderwunschberatungen für Paare an, um die Fruchtbarkeit bestmöglich mit der Ernährung beziehungsweise dem Lebensstil zu verbessern.
Leonie Ernaehrungstherapie